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Himmelblaue Briefe sprechen 1,6 Millionen heilig

Evangelische Kirche startet besondere Aktion im Reformationsjahr

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Darmstadt / Frankfurt, 9. Mai 2017

„Heilig? Ich? Ja!“ Mit dieser irritierenden Aussage wendet sich die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) seit Dienstag (9. Mai) in rund einer Million Schreiben an alle protestantischen Haushalte in ihrem Einzugsgebiet zwischen Biedenkopf und Neckarsteinach. Damit wendet sich die hessen-nassauische Kirche auch gegen das vermehrte Leistungsdenken in der heutigen Zeit und will Menschen Mut machen, aus dem Hamsterrad ständig steigender Anforderungen auszusteigen. Stattdessen sollen sie die Muße für sich neu entdecken und mehr auf den evangelischen Glauben vertrauen. Danach muss niemand perfekt sein und sich vor  Gott beweisen. „Sie sind heilig! – huch“? ist die zentrale Aussage der Aktion. Die himmelblauen Briefe sprechen damit allen 1,6 Millionen Kirchenmitgliedern augenzwinkernd Heiligkeit zu.

Jeder ist wertvoll

Die evangelische Kirche greift bei der Aktion einen zentralen Gedanken des Reformators Martin Luther auf. Nach ihm sind Menschen von sich aus wertvoll und kostbar, weil Gott ihnen dies zusagt. Perfektion und Erfolg sind keine Maßstäbe. Mit diesen Grundgedanken löste Luther vor genau 500 Jahren die Reformation aus, die die evangelische Kirche begründete. Die Initiative im Jubiläumsjahr der Reformation ist Teil der sogenannten Impulspost, mit der die hessen-nassauische Kirche seit 2012 ihre Mitglieder regelmäßig anschreibt. Sie wird durch Aktionen in Kirchengemeinden begleitet, die unter anderem großflächige Aktionsmotive in himmelblauer Farbe an ihren Gebäuden anbringen. Unterstützt wird sie durch die Internetseite: www.gott-glaubt-an-mich.de. Zuletzt sorgte im vergangenen Herbst die Zusendung der Impulspost mit einer „Bibel auf Bierdeckel“ für öffentliches Aufsehen. Für den Herbst ist zum Höhepunkt des 500. Reformationsjahres bereits eine weitere Initiative geplant.

Sie sehen gut aus

Die aktuell zehnte Impulspost-Sendung begrüßt die Empfängerinnen und Empfänger der mehrfach auffaltbaren Briefe nun mit einem aufmunternden „Sie sehen gut aus!“ Auf den nachfolgenden Seiten treten aber immer mehr Infragestellungen hinzu, wie sie viele Menschen in der modernen Leistungsgesellschaft  erleben. Das Schreiben gipfelt am Ende dennoch in der Aussage, dass Gott an jeden Menschen glaubt:  „Heiligkeit bedeutet nicht Vollkommenheit. Jeder Mensch ist heilig, nicht weil er perfekt ist oder erfolgreich. Sondern weil Gott es ihm zusagt. Das kann jeder täglich neu entdecken, ausprobieren und leben“.

Schattenseite der Leistungsgesellschaft  

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung erklärte bei der Eröffnung der Aktion in der Frankfurter Diakoniekirche: „An jedem Tag müssen Menschen etwas leisten – um für sich selbst zu sorgen, in der Familie, in der Schule, im Beruf, in nahezu allen Bereichen unseres Lebens. Dass wir etwas leisten können, ist wichtig und meistens auch beglückend. Der Bogen wird aber überspannt, wenn wir uns selbst oder andere nur noch an erbrachter Leistung messen. Das ist die Schattenseite einer Hochleistungsgesellschaft. Immer wieder zerbrechen Menschen daran, dass sie nicht mehr das leisten können, was sie sich vorgenommen haben. Andere daran, dass sie meinen, immer perfekt sein zu müssen.“ 

Epochale Erkenntnis Luthers

Dagegen wendet sich nach Ansicht von Kirchenpräsident Jung die epochale Erkenntnis Martin Luthers. Der Reformator habe durch intensives Studium der biblischen Überlieferungen vor 500 Jahren entdeckt: „Wir leben als Menschen aus der Gnade Gottes. Das Leben ist für jeden Menschen ein Geschenk. Und Gott will, dass wir im Vertrauen auf seine Liebe leben und das Leben miteinander teilen, so dass alle Menschen gut leben können“ Und, so Jung weiter: „Wir verlieren unseren Wert als Mensch nicht, wenn wir versagt haben oder nichts mehr leisten können. Gottes unumstößliches 'Ja' gilt jedem Menschen. Auch wenn wir das manchmal kaum glauben können“. Jung macht deshalb Mut, sich im Licht dieser Erkenntnisse im 500. Jahr der Reformation auf eine Entdeckungsreise „zu sich selbst, zu anderen Menschen und zu Gott“ aufzumachen. 

Mehr als 500 Gemeinden aktiv

Zur Impulspost gehört nicht nur ein Brief an die Kirchenmitglieder. Sie ist eingebunden in ein breites Mitmach-Konzept. So beteiligt sich auch wieder rund die Hälfte aller 1151 hessen-nassauischen Kirchengemeinen mit eigenen Aktivitäten an der Impulspost. Insgesamt wurden von ihnen über den kostenlosen Materialdienst knapp 1000 großformatige Banner beispielsweise für Kirchtürme mit dem blauen Aktionsmotiv sowie Flaggen bestellt. Außerdem sind verschiedene Plakatmotive und spezielle Aktionskarten im Angebot. Daneben bietet die dazugehörige Internetseite www.gott-glaubt-an-mich.de zahlreiche Praxistipps für die Umsetzung vor Ort wie Andachten, Gottesdienstbausteine, Gesprächstipps oder Vorlagen für Gemeindebriefe. Zudem gibt sie Hilfen für viele phantasievolle Aktionen, wie etwa einer Feier für Konfirmandinnen und Konfirmanden rund um das Thema „Du siehst gut aus“. 

Breit angelegter Entstehungsprozess

Die ersten Vorbereitungen zur aktuellen Ausgabe der Impulspost hatten bereits im Herbst 2016 begonnen. Gemeinden erhielten im Februar bereits Informationen. Beteiligt an der Entstehung waren die Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau sowie eine Projektgruppe mit Engagierten aus der evangelischen Propstei Oberhessen in der Region um Gießen. Die professionelle Umsetzung übernahmen wieder die Agentur „gobasil“ (Hamburg / Hannover) und das Evangelische Medienhaus (Frankfurt). 

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Maria sprach:
"Meine Seele erhebt den Herrn,
und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilandes.
Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen."

(nach Lukas 1,46-55)

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